Die Ankunft der Sphären
Es war einmal in den Niederungen des Hochkönigs, da lebte Mariella Brix in ihrem Häuschen, davor ein Kräutergärtlein und eine Bank, mit Aussicht auf das Gebirge und da saß sie oft, zusammen mit ihrer kleinen Enkelin Sofia. Weil für das Mädchen die würzige Gebirgsluft die beste Medizin für ihre schwachen Lungen war, hatte es Ihre Mutter schweren Herzens den Sommer über zur Oma gebracht. Die beiden waren unzertrennlich, sie streiften durch die Wälder um Beeren, Pilze und Kräuter zu sammeln und abends lauschte die Kleine , vor dem Einschlafen, den Geschichten ihrer Oma. Eines Tages spielte Sofia vor dem Haus mit ihren Puppen als Bora, der eiskalte Nordwind das Kind erfasste und es abends schon mit hohem Fieber ans Bett fesselte. Die Großmutter wollte die Hitze mit allen Mitteln aus dem Körper Sofias vertreiben, es half jedoch alles nichts. Verzweifelt spürte sie, wie das kleine Mädchen zu verglühen schien und erschauerte, als sie düstere Schatten an der Wand sah. Sie ahnte was das bedeutet und sie war bereit das Unheil abzuwenden.
Gerade heute aber war die mystische Johannisnacht und der volle Mond beleuchtete die Berge, Wälder und Fluren und ein fahler Mondstrahl fiel auch auf das schweißnasse Gesicht Sofias. Oma Mariella bat flehentlich alle Engel und guten Geister zu Hilfe als sie plötzlich ein knisterndes Geräusch am Fenster hörte. Als sie aufsah schwebte draußen eine kleine Elfe im roten Kleid auf und ab und klopfte mit ihrem funkensprühenden Stab an das Glas. Schnell öffnete Mariella das Fenster und auf einem Mondstrahl rutschte die kleine Elfe und ein geflügeltes, weißes Pferd direkt auf das Bett von Sofia. Mit ernster aber glockenheller Stimme sagte die Fee, dass um Mitternacht für Sofia die Zeit auf Erden zu Ende gehen werde und sie jetzt abgeholt wird. Nein, widersprach die Großmutter, in der heiligen Johannisnacht hat jeder einen Wunsch frei und ich will mit Sofia den Platz tauschen. Wir alle haben deine Bitten um Hilfe gehört, – meinte die Fee und haben deswegen beschlossen, dich und Sofia zu den drei Königinnen zu bringen um deren weise Ratschläge zu hören. Nur sie wissen was für euch am besten ist. Sie half der Oma auf das geflügelte Pferd und bettete Sofia in eine blumengeschmückte Sphäre und im nächsten Augenblick flogen sie auf einem Mondstrahl den Hochkönig hinauf und landeten auf einer großen Lichtung.
Da war ein buntes Vollmondfest im vollen Gange. Die zarten Blumenfeen waren umringt von ihren farbenreichen Blumenkindern, die stolzen Kräuterfeen betrachteten liebevoll ihre aufgeregten Heilkräuterwichtel, alle Bewohner des Waldes waren fein herausgeputzt und vor lauter Freude glänzten ihre Augen wie Karfunkel im Licht des Mondes. Die Bäume standen rundum im Kreis und klatschten mit Ihren Blättern begeistert den Takt zur Musik und die Pilze darunter trommelten auf ihren Köpfchen den Rhythmus dazu. Alle Wiesenbewohner sangen, tanzten, lachten und feierten ausgelassen das Sonnwendfest. Die Bienen und die Hummeln summten, die Käfer brummten ihre eigene Weise und die Schnirkelschnecken lachten und lachten und wussten gar nicht warum. Die Singvöglein tirillierten aus voller Kehle die schönsten Melodien während alle anderen Vögel ihr glänzendes, getupftes, gestreiftes oder buntes Federkleid zur Schau stellten. Es war ein unglaublich überwältigender Anblick. Sogar die Bächlein gurgelten fröhlich den quakenden Fröschen zu während die Libellen surrend durch die Nacht eilten. Ja man kann sagen, sogar der Mond und die Sterne erfreuten sich hoch oben am Firmament an dieser Fete.
Im Hintergrund, bei den tausendjährigen Eichen, sah man einen blumengeschmückten Baldachin unter dem die drei Königinnen schon auf die Großmutter und ihre Enkeltochter warteten. Königin Ametrina sprang aus der goldroten Sphäre und umarmte Sofia herzlich. Königin Beryllia aus der silberweißen Sphäre berührte lächelnd die Wangen der Oma während Königin Charoita aus der blauschwarzen Sphäre ihre Hände zum Segnen ausstreckte und Oma Mariella vom Pferd half. Mit bebender Stimme und Tränen in den Augen bat die Großmutter die drei weisen Frauen um das Leben von Sofia.
Lächelnd umarmten die drei hohen Damen die zitternde, alte Frau und meinten: lange und gründlich haben wir deine Bitte geprüft, denn deine Weisheit, liebe Mariella, ist in dieser Zeit für die Menschen von allergrößter Wichtigkeit, genauso notwendig ist aber auch die reine, unschuldige Seele eines Kindes. Höre jetzt unseren Entschluss: Wir werden dein Wissen, deine Fürsorge und deine Liebe in unendlich vielen Sphären auf die Erde senden und somit allen Menschenseelen helfen, Wahrheit , Glück und Heilung zu verbreiten. Sofia aber bleibt für tausend Jahre mit dir und mit uns verbunden um den Menschen nicht nur die Farben des Regenbogens und das A-E-I-O-U Lied zu bringen, sondern auch die Winkelzahlen 1,2,3,4,5,6,7,8, und 9 sowie die heilige Geometrie, denn das sind die Schlüssel zur Freiheit.
Voll tiefer Dankbarkeit und großer Freude nahm die Großmutter diesen Entschluss an und im nächsten Augenblick brach ein unglaublicher Jubel los, den man auf der ganzen Welt fühlen und hören konnte.
Als Sofia am Morgen erwachte, war die Oma nicht mehr auf ihrem Platz, an deren Stelle saß jetzt ihre liebevolle Mutter. Draußen aber stürmten tausende Sphären auf die Erde und das Kind berichtete ihrer erstaunten Mutter was es in der letzten Nacht erlebt hatte, denn es erinnerte sich für alle Zeiten an alles was in jener Zaubernacht geschah. Die beiden gingen Hand in Hand vor die Türe und winkten frohen Herzens den bunten Sphären zu, die in unendlicher Zahl vom Himmel heruntersanken und ihre Gaben über die Erde verteilten. Sofia aber eilte schnell zu der schönsten, größten und farbenprächtigsten Sphäre und murmelte: Danke, Große Mutter.
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